Streiten oder sich ausdehnen in die Einheit?

Wir sind oft geteilter Meinung, im “Ur-teil”: Indem wir „ich“ sagen, grenzen wir uns vom „du“ des anderen ab, den wir als „Nicht-Ich“ empfinden. Damit hält uns unser Bewusstsein in diesem scheinbaren Gegensatz gefangen und bindet uns an die Welt der Dualität, die sich nicht nur in Ich und Du , sondern auch in innen und außen, weiblich und männlich, gut und böse, richtig und falsch usw. aufspaltet. Wir erleben sie oft als unlösbare Gegensätze. Unserem Verstand fällt es schwer, in irgendeiner Form eine Ganzheit oder Einheit wahrzunehmen. Denn dieser zerteilt die Wirklichkeit in immer kleinere Stücke, um so zwischen diesen Einzelteilen zu unterscheiden. Und sie zu bewerten. Er sagt Ja zum einen und Nein zum anderen. Doch um wieder in die Ganzheit, in die Eins der Einheit zurückzukehren, dürfen wir nichts abtrennen und entwerten. Diese Ganzheit erlangt nur, wer sich nicht durch sein Ego vom Einssein abgrenzt. Mit der Erkenntnis von der Vielfalt in der Einheit, in der die Gegensätze integriert sind. 

“Wo gehen wir denn hin? Immer nach Hause.” (Novalis) 

Der Machtanspruch unserer Ego-Persönlichkeit sucht immer Bestätigung. Identifizieren wir uns mit diesem Aspekt unserer Wirklichkeit, dann bleiben wir in den Gegensätzen, im “Recht haben” gefangen und nicht nur das. Unsere Ego-Persönlichkeit zwingt uns, die alten, bekannten Muster und Prägungen ständig zu wiederholen, sobald sie “getriggert” werden. 

 

Lasst uns die Zwei wieder zur Eins machen

Wollen wir frei und ganz werden, so gilt es, alles, was bisher außerhalb unseres Bewusstseins lag, alles, was in uns im Dunklen verborgen war, wieder ans Licht zu holen. 

 

So gelangen wir nach und nach zurück in das Bewusstsein der Einheit und erkennen, dass jegliches Gegeneinander eine Illusion ist, der wir erliegen, wenn wir in unserer Ego-Persönlichkeit verharren. Wir sind dann nicht mehr gezwungen, jede Wirklichkeitseinheit in zwei Pole zu zerlegen und diese separat zu betrachten. Wir erkennen die Täuschung der Dualität und begreifen die Geborgenheit in der allumfassenden Ordnung.

 

Auf diesem Weg erfahren wir, dass wir sowohl das Opfersein als auch das Tätersein in uns tragen. Die Aufgabe besteht darin, auch das zu fühlen, was wir mit unserem Tätersein anderen zufügen. Lassen wir diese Gefühle in uns zu und integrieren wir, dass Anteile in uns, sich auf diese Weise ausagieren, dann wollen wir niemanden mehr verletzen. Wir haben nur das eine Bestreben, zum Wohle des Großen Ganzen beizutragen und fühlen den überpersönlichen Aspekt unseres Daseins. Wir verbinden uns mit unserem Seelen-Selbst und lassen uns mehr von unserer Intuition führen. 

„Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns.“ (Rumi)

Das bedeutet nicht, dass wir mit Meinungen mitgehen, die nicht im Sinne des Wohles allen Lebens sind. Aber wir lehnen den Menschen nicht ab. Statt einer hitzigen Diskussion bleiben wir im Dialog. Das heißt, wir hören zu und bleiben in der Akzeptanz, statt uns “triggern” zu lassen. Der andere darf so sein, wie auch ich sein darf, auch wenn es noch so schwer zu ertragen ist. Wir geben unser Bestes, den anderen zu verstehen und lehnen ihn weder ab, noch grenzen wir ihn aus. Das ist nicht einfach. Und es lohnt sich: Die Meinungen stehen lassen. Uns dem zuzuwenden, was auf konstruktive Weise uns allen weiterhilft. Für diese eine Menschheitsfamilie, im Einklang mit der Erde. 

 

Eva-Maria Zander 

 

 

 

 

 

 

Bild zur Meldung: Mohamed Hassan auf Pixabay