Urlaub: Erfüllt unterwegs sein

Unterwegs sein ist ein erstrebenswerter Zustand, sowohl beim Erforschen neuer Gebiete im Innern wie auch im Außen. Dem “Täglich grüßt das Murmeltier” der be- und gewohnten Umgebung zu entkommen, dieser Verlockung folgen wir allzu gern.

“Gehe einmal im Jahr irgendwohin, wo du noch nie warst.” – Dalai Lama

 

Eine spannende neue Stadt, eine beeindruckende Landschaft, exotische Flora und Fauna, neue Kulturen entdecken, sich selbst dabei neu erfahren und den geistigen Horizont erweitern. Auch den größten Stubenhocker zieht es mal raus.

 

Denn der Mensch war schon immer unterwegs. Angefangen bei den Jägern und Sammlern vor etlichen zehntausend Jahren, die ein nomadisches Leben führten. Auf der Suche nach Nahrung legten sie täglich etwa 20 Kilometer zurück (zum Glück des Gehens der Beitrag in der Ausgabe 01/2021). Das hat sich tief in unsere DNA eingeschrieben. Liegt hier der Ursprung für unser latentes Fernweh?


Jedenfalls haben sich die Motive für das Unterwegssein im Laufe der Zeit und mit zunehmender Sesshaftigkeit verändert. Im Mittelalter gab es im Wesentlichen zwei Gründe um auf Reisen zu gehen: Entweder die Menschen pilgerten, unternahmen also eine “Wallfahrt”, einen langen Marsch hin zu einem heiligen Ort, wie z.B. Rom, Assisi oder Santiago de Compostela. Um Gott näher zu kommen. Oder sie waren als Kaufleute unterwegs auf der Suche nach neuen Waren und Geschäftsfeldern, in “aller Herren Länder”. Um dem Profit näher zu kommen.

Diese Art “Geschäftsreise” gibt es nach wie vor, auch die Motive sind die gleichen wie im Mittelalter, nur die schiere Anzahl und die Verkehrsmittel haben sich geändert.

 

Genauso ist das Pilgern nie ganz aus der Mode gekommen und erlebt sogar eine Renaissance - spätestens seit Hape Kerkelings “Ich bin dann mal weg – Meine Reise auf dem Jakobsweg”. Der 2006 als Buch erschienene Reisebericht war mehr als zwei Jahre auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste für Sachbücher

 

Auch unsere Netzwerk-Koordinatorin konnte sich dem Ruf des “Camino” auf Dauer nicht entziehen und begab sich jüngst auf einen längeren Marsch von Porto nach Santiago de Compostela. Auf den Spuren des Heiligen Jakobus lässt es sich auch in Deutschland gut wandeln, es gibt rd. 30 reaktivierte mittelalterliche Pilgerrouten über das ganze Land verteilt. Die Schönheit der eigenen Heimat klimafreundlich zu entdecken, dafür sind diese Wege eine Einladung. 

Im Gegensatz zum eher konsumorientierten Massentourismus mit seinen oft destruktiven Folgen für das Zielgebiet und für das Klima insgesamt. Z.B. werden Menschen auf Mallorca obdachlos, weil sie sich die tourismus-induzierten steigenden Mieten nicht mehr leisten können.


“Urlaub”, das Wort ist herkunftsmäßig verwandt mit dem “erlauben”. Der Arbeitgeber erlaubt es, uns für 24 Tage im Jahr aus der täglichen Routine zu verabschieden. Daraus wird oft eine Art “All-inclusive”-Reise, bei der die gewohnte Komfortzone kaum verlassen wird und/oder sie gleicht eher einem mehrtägigen Fotoshooting, bei der die Zielgebiete hauptsächlich als Selfie- und Filmkulisse dienen, Stichwort Instagrammability. Entsprechend austauschbar und wenig nachhaltig ist diese Art des Unterwegsseins. 

 

Versuchen wir zusammenzufassen, wie wir uns mehr Sinn und Erfülltsein erschließen, “er-urlauben” können:

  1. Mein Urlaub ist ein positiver Beitrag für mich selbst und das große Ganze, generiert unterm Strich einen positiven ökologischen und sozialen Fußabdruck. Ein Beitrag für den Ort/den Planeten, den ich - gemäß des Pfadfinder-Imperativs - ein wenig besser verlassen möchte, als ich ihn vorgefunden habe. 
  2. An welcher Stelle bringt mich meine Reise etwas außerhalb meiner Komfortzone? Auf welchen Komfort verzichte ich bewusst? Welche neue Erfahrung will ich machen? - “Wo du noch nie warst” auch symbolisch gesehen. Diese Fragen darf ich mir bei der Urlaubsplanung stellen. Ich “plane” also vielleicht nicht alles durch und lasse mich auf Unbekanntes ein. Ein Aspekt von Abenteuer.


Andreas Fiedler

 

 

Bild zur Meldung: © Minree auf Pixabay