Ruhig, Brauner - Balance in das Nervensystem bringen

Wer kennt das nicht: wir stehen an der Supermarktkasse und es kann mal wieder nicht schnell genug gehen. Oder im Straßenverkehr, wenn der Vordermann ortsunkundig vor uns her schleicht. Wie schnell sind wir auf 180, angespannt, aggressiv und nicht besonders sozialverträglich - Idiot! Oder der Kollege hat mal wieder so eine komische Bemerkung gemacht...

 

Unfreundliches Verhalten ist ein ziemlich konkreter Hinweis darauf, dass unser Grundtonus, der Grad der Aktivierung unseres Nervensystems zu hoch ist. Das Angespannt sein ist bei manchen Menschen schon ein Normalzustand, den sie gar nicht mehr bewusst registrieren. Gerade in diesen Zeiten, in denen es mehr als genug Stressfaktoren gibt (Existenzängste, Dichtestress durch Homeschooling auf der einen, Kontaktarmut auf der anderen Seite etc.) lohnt sich daher ein genauerer Blick auf den Zusammenhang zwischen Körper und Geist.
Physiologisch betrachtet sind es der Sympathikus und der Parasympathikus, die zwei Hauptstränge des vegetativen (=autonomen) Nervensystems, die das Maß von Anspannung und Entspannung bestimmen.
Der Sympathikus ist für die nach außen gerichtete Aktivität bei tatsächlicher oder gefühlter Belastung oder Bedrohung zuständig - der Kampf- oder Flucht-Modus wird aktiviert, der Adrenalinspiegel steigt.
Der Parasympathikus - auch als Vagusnerv bezeichnet - steuert dagegen die autonomen, unbewussten Prozesse wie Schlaf, Verdauung und andere Organfunktionen. Allesamt Funktionen die einen entspannten Zustand voraussetzen. Je besser das Entspannen gelingt, umso besser ist es für unsere inneren Abläufe und die Regeneration.

Aber nicht nur akute Herausforderungen und Ängste können die Fähigkeit zur Entspannung beeinträchtigen. Auch frühere körperliche und seelische Verletzungen können dazu führen, dass unser System in einem Dauererregungszustand gleichsam eingerastet ist. Die Folgen sind eben diese Gereiztheit, Schlafstörungen, Immunschwäche, hoher Blutdruck und andere Herz- Kreislaufprobleme.

Wir sind also gut beraten, unser Nervensystem dabei zu unterstützen in einen möglichst entspannten Zustand zu kommen - und auch zu bleiben.

 

 

Die Situationen, in denen Kampf- oder Fluchtreaktionen wirklich gefragt sind, kommen in unserem alltäglichen Leben zum Glück nur noch höchst selten vor. Säbelzahntiger sind schon längst ausgestorben und die Mammutjagd wurde vom Gang in den Supermarkt abgelöst. Erregung findet hauptsächlich im Zwischenmenschlichen statt - und da wollen wir uns lieber auf die schönen Seiten derselben konzentrieren anstatt einander feindselig zu begegnen.

 

Einige Impulse zur Entspannung und zum Ausgleich des Nervensystems finden wir in der aktuellen Artikelserie. Ich möchte auf drei weitere Möglichkeiten hinweisen, die ohne Aufwand zu praktizieren und leicht in den Alltag integrierbar sind.

 

  1. Entspannendes Atmen: Die einfachste Übung ist: 10 - 20 Mal doppelt so lange ausatmen wie einatmen - z.B. 3 Sekunden ein, 6 Sekunden aus. Das ist ein starkes Signal für das autonome Nervensystem den Parasympathikus zu aktivieren, also den Entspannungszustand zu verstärken und den Sympathikus herunterzufahren. Hilft auch beim Einschlafen.
    Weitere Impulse zum Thema Atmen in unserer Dezemberausgabe
     
  2. Meditation: Jeden Tag 15 - 30 Minuten auf einem geeigneten Kissen oder Bänkchen sitzen bzw. hocken und nach innen lauschen und sich im bewussten Entspannen üben. Im Lotussitz sollten die Knie etwas tiefer liegen als das Becken. Zu Beginn mag es hilfreich sein, eine angeleitete Meditation zu machen. Empfohlen seien hier die Audios von Satnam Paulus Weber.
     
  3. Schließlich ist ein Spaziergang in der Natur immer auch eine wunderbare Möglichkeit, ein angespanntes Nervensystem herunterzufahren.


Und vielleicht macht das eine oder das andere auch den nächsten Aufenthalt vor der Supermarktkasse schon etwas entspannter.

 

Andreas Fiedler

 

 

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