Schutz-Zone Herz

Unser physisches Herz ist ein lebenswichtiges Organ, das den Durchschnittsmenschen verlässlich 60 bis 90 Mal in der Minute mit dem entscheidenden Impuls versorgt - bis zu drei Milliarden Mal im Laufe eines Lebens. Aber nicht nur als Blutpumpe ist unser Herz Dreh- und Angelpunkt für das Leben. Im übertragenen Sinne wird dem Herz seit Urzeiten der Sitz und Ursprung unserer Gefühle zugeordnet. Vom Herzen geht die Liebe aus. Ein Herz kann aufgehen, überfließen, jemandem zufliegen, singen, hüpfen und vor Freude fast aus der Brust springen. Doch genauso kann es auch bangen, zittern, unendlich schmerzen, brechen, weggeschlossen werden und versteinern. Wurde unser Herz zu oft verletzt, schließen wir es gern zum Schutz und zur Heilung eine Weile weg, bevor wir wieder bereit sind, es zu verschenken. Doch manchmal verselbständigen sich die Mauern, die man zum Schutz um sein Herz gebaut hat. Sie werden dann nicht nur für den Partner unüberwindlich, sondern das Herz selber kommt aus seinem schützenden Gefängnis nicht mehr raus. Selbst wenn man lieben und vertrauen will - man kann nicht. Als Konsequenz daraus geht man gar keine neuen Beziehungen mehr ein oder hält den vorhandenen Partner emotional unverbindlich auf Abstand. Das ist nicht nur für potenziell liebende Partner eine Qual, sondern auch für den Besitzer des eingekerkerten Herzens selbst.

 

Was tut man nun, wenn man so verletzt wurde, dass man sich nicht mehr in das Abenteuer Liebe traut? Dass Herzschmerz seine Zeit zum Heilen braucht, ist klar und sei auch jedem zugestanden. Doch wenn mehrere Jahre vergehen, in denen man sich nicht auf eine neue Liebe einlassen kann, selbst wenn man sogar will, entsteht eine unschöne Spirale aus Frustration, Angst und Selbstaggression. Spätestens dann ist es an der Zeit, sich den eigenen Schutzmechanismen bewusst zuzuwenden.

 

Zu diesem Zweck schlage ich gern eine Meditations-Aufgabe vor.

Dafür gehst du in die Stille und stellst dir möglichst bildhaft deine inneren Schutzmauern vor. Das können ganz „alte“ Bilder sein von einer dicken Backsteinmauer, oder auch ganz moderne von Stahltresoren. Das Bild sollte sich jedoch richtig anfühlen, also wirklich meinen, wie du dich innerlich fühlst. Dann beginnst du, den Mauern zu danken. Sie haben dir durch eine wichtige Zeit geholfen, als das Herz noch zu schwach war, um allein zu bestehen. Sie haben dich gestärkt und dir Halt gegeben, damit die Zeit seine Arbeit tun konnte, das Herz zu heilen. Nachdem du den Schutzmächten in dir ausreichend Respekt gezollt hast, entlässt du sie liebevoll aus deinen Diensten, mit den Worten „Ich danke euch, dass ihr mich so gut geschützt habt, doch jetzt habe ich euch nicht mehr nötig. Die Gefahr ist vorüber, ich kann mich wieder frei bewegen. Ihr dürft jetzt gehen, bis ich euch wieder brauche.“

 

Diese Übung sollte über einen längeren Zeitraum täglich wiederholt werden. Eine dicke Mauer „gehen zu lassen“ ist nicht mit einem Mal getan. Gleichzeit ist es wichtig, sein Herz daran zu erinnern, dass es emotional gesehen zum Lieben da ist - ohne Liebe ist es seiner emotionalen Funktion enthoben. Natürlich kann man sein Leben ohne Liebe leben. Aber: Was ist ein Leben ohne Liebe? Deswegen können wir immer wieder zurückfinden in die Stärke der Liebe. Wie beim glücklichen Ende des Märchens vom Froschkönig: "Heinrich, der Wagen bricht!“ „Nein, mein Herr, der Wagen nicht, es ist ein Band von meinem Herzen, das da lag in großen Schmerzen, als Ihr in dem Brunnen saßt, als ein Frosch Ihr ward.“

 

Julia Berger   

 

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