Heilsame Räume schaffen durch Mitgefühl

Insbesondere zu Beginn meiner Selbstständigkeit als Gesundheitscoach setzte ich mich sehr unter Druck, wirkungsvolles Coaching für meine Klienten und Klientinnen anzubieten. Ich dachte, ich wäre noch nicht gut genug als Coach und es bräuchte vor allem noch mehr Methodik. Mich trieb die Frage um, was ist wirklich wichtig und nützlich für meine Klienten? 

 

Die erkenntnisreiche Antwort sollte von ihnen selbst kommen. Wenn ein Coaching zu Ende geht, frage ich in der Regel, was dem Klient oder der Klientin im Coaching am meisten geholfen hat. Und fast alle antworteten, dass es vor allem mein Verständnis und mein Mitgefühl waren. Dass sie einen Raum hatten, in dem ihnen wirklich zugehört und geholfen wurde. 

 

Für mich war das ein Aha-Erlebnis. Es sind also gar nicht die tollen und vielen Coaching-Methoden und Tools, die für die Klienten an erster Stelle stehen. Es ist vielmehr die heilsame Erfahrung von Empathie und ehrlichem Mitgefühl. Mitgefühl schafft Wärme und Vertrauen und einen fruchtbaren Nährboden für Erkenntnis und Bewusstwerdung.  

 

Was genau ist eigentlich Empathie und Mitgefühl? Ist es nicht dasselbe? Das dachte ich auch, aber es gibt einen Unterschied. Die Zeitschrift „Psychologie Heute“ schreibt: „ Empathie ist die Fähigkeit, sich in die Emotionen anderer hineinzuversetzen und sie zu verstehen, während Mitgefühl die Fähigkeit ist, sich in die Lage anderer zu versetzen und ihnen zu helfen. Empathie ist also eher eine passive Fähigkeit, während Mitgefühl eine aktive Fähigkeit ist.“ 

 

 

Ich verstehe demnach Empathie als eine Voraussetzung für Mitgefühl. Als Coach habe ich den Wunsch, meinen Klienten bei ihren Problemen zu helfen. Ohne Empathie wäre das wohl nur sehr schwierig möglich. So gestaltet sich Mitgefühl für mich stets in einem positiven, wohlwollenden Blick auf sie, ihre Ressourcen und die Zuversicht, dass sie die Lösung in sich tragen und diese auch mit meiner Unterstützung finden werden. Es ist die Art der Hilfestellung, die meines Erachtens wichtig ist. Sie sollte nie überstülpend oder mit vermeintlich gut gemeinten Ratschlägen sein. Viel wichtiger ist, dass die Klienten aus eigener Kraft ihre Probleme lösen können. 

 

Dieser heilsame Raum kann natürlich nicht nur in der Therapie oder im Coaching geschaffen werden, sondern auch Sie können jederzeit solch einen Raum für ihr Gegenüber eröffnen. Sie könnten heute z.B. einmal bewusst Ihrem Partner, Ihrer Partnerin, einem guten Freund oder Ihrem Kind ganz aufmerksam und wertfrei zuhören. Versuchen Sie, sich ganz auf das Gesagte einzulassen und versetzen Sie sich in die Lage des Anderen. Nehmen Sie wahr, was sie empfinden.

 

Haben Sie Verständnis für das Gesagte? Beobachten Sie, wann Sie in die Bewertung gehen. Falls das geschieht, nehmen Sie wieder eine neutrale Haltung ein. Versuchen Sie, sich einmal zurückzunehmen. Stellen Sie Ihrem Gegenüber eine passende Frage zu dem Gesagten. Interessieren Sie sich für ihn. Vielleicht hat ihr Gesprächspartner ein Problem, das er ihnen erzählt. Fragen Sie ihn, was ihm helfen könnte und was sie für ihn tun können. Ihr Gesprächspartner wird sich gesehen und gehört fühlen. Das ist äußerst heilsam, nicht nur für ihn, sondern auch für Sie. 

 

Kerstin Ruschen

 

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Bild zur Meldung: Kelly Sikkema auf Unsplash